Reife Kirschen

Der selten gezeigte DEFA-Film REIFE KIRSCHEN mit Günther Simon in seiner letzten Rolle erzählt die Geschichte einer ­Arbeiterfamilie in alltäglichen Vorgängen und Entscheidungen. Ein Ehepaar (Günther Simon, Helga Raumer), dessen unverheiratete Tochter (Traudl Kulikowsky) mit ihrem Kind noch im Haus lebt, sieht sich gerade in dem Moment selbst noch einmal mit Nachwuchs konfrontiert, als der Mann aufgefordert wird, Haus und Familie in der thüringischen Heimat zu verlassen und mit seiner Brigade beim Bau eines Kernkraftwerks im Norden zu helfen. Das DDR-Publikum schätzte den stark gefühlsbetonten und ausgesprochen linientreuen Film von Horst Seemann, der seine Helden gern in emotionalen Aus­nahmesituationen agieren lässt. Absichtsvoll schicksalsträchtig bewegen sich die Figuren in einem sozial genau gezeichneten Mikroklima einer zeitgenössischen Arbeiterfamilie. Diese dramatisch-emotionale Inszenierung stand in einem starken Gegensatz zum vorherrschenden dokumentarischen Realismus. (Stefanie Eckert)